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Das Objekt

Maschinell beschriebener Zettel, auf dem von links unten nach rechts oben ein dicker roter Strich gedruckt ist. Absender ist der Leiter des Amts für Nationale Sicherheit, Bezirksamt Erfurt.

Anordnung des Leiters der Stasi-Bezirksverwaltung (BV) Erfurt Josef Schwarz zur Aktenvernichtung, 24. November 1989

1989 befürchtete die Stasi angesichts der stetig wachsenden Protestbewegung in der DDR, ihre Dienststellen, insbesondere die lokalen Kreisdienststellen, könnten erstürmt werden und belastendes Material in die Hände der Demonstranten gelangen. Am 6. November 1989 befahl Stasi-Chef Mielke, die Aktenbestände zu reduzieren. Brisante Akten wurden in die besser zu sichernden BV verlagert, aber auch zahlreiche Unterlagen vernichtet. Erst die Besetzungen von Stasi-Dienststellen durch die Bürgerrechtsbewegung ab Anfang Dezember 1989 setzten den Vernichtungsaktionen ein Ende.

Quelle: BArch, MfS, BV Erfurt, BdL, Nr. 630, Bl. 1

Was bedeutete die Friedliche Revolution für die Stasi?

Im Herbst 1989 stand das SED-Regime vor dem Aus – und mit ihm die Stasi, die nun ohne ihren bisherigen Auftraggeber dastand. Dem Aufbegehren der Bevölkerung und ihrem Wunsch nach Demokratie und Freiheit hatten Partei und Geheimpolizei nichts mehr entgegenzusetzen. Am 7. November 1989 trat der DDR-Ministerrat, und damit Stasi-Minister Erich Mielke, zurück. Am 18. November beschloss die neue DDR-Regierung, das MfS in das AfNS umzuwandeln. Ein Rettungsversuch, der nicht von langer Dauer war: Kurz darauf wurde auch das AfNS aufgelöst.

Eine große Menschenmenge auf einer Straße. Sie tragen verschiedene Transparente, auf einem steht "Streikrecht!". rechts ist eine Fußgängerbrücke, die ebenfalls voller Menschen ist.

Demonstration in Leipzig, 9. Oktober 1989

Als Stasi und Volkspolizei am 7./8. Oktober 1989 mit brutaler Gewalt gegen Demonstrierende in Ost-Berlin vorgingen, war die Furcht vor einer Eskalation groß. Doch bereits kurz darauf zeigte sich die Kraft der Friedlichen Revolution: Über 70.000 Menschen demonstrierten am 9. Oktober in Leipzig und weder SED noch Stasi kamen dagegen an.

Quelle: Eckhard Otto, 89-12-030-25

Bilder der Friedlichen Revolution in der DDR: Demonstrationen in Halle, Leipzig, Ost-Berlin und Bautzen 1989

Mehrere Personen stehen in einem Büroraum. Zwei von ihnen halten Papier in der Händ, der Tisch vor ihnen ist voll mit weiteren Zetteln.

Demonstrierende in der Stasi-Zentrale, 15. Januar 1990

Am 15. Januar 1990 erstürmten Demonstrierende die Stasi-Zentrale in Ost-Berlin. Wie in den bereits zuvor besetzten Bezirksverwaltungen der Stasi versuchte auch in Berlin ein Bürgerkomitee die Aktenvernichtungen zu stoppen und die Stasi-Unterlagen zu sichern.

Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft, Fotograf: A. Klug

Was war das AfNS?
 

Mit der Umwandlung des MfS in das Amt für Nationale Sicherheit (AfNS) am 18. November 1989 versuchte die neue DDR-Regierung unter Hans Modrow die Staatssicherheit in anderer Form fortzuführen. Doch Kritik und Widerstand waren groß. Auf Druck des Zentralen Runden Tisches fasste der Ministerrat am 14. Dezember den Beschluss, auch das AfNS abzuschaffen. An dem Gedanken, einen kleineren Verfassungsschutz sowie Nachrichtendienst zu installieren, hielt er zunächst noch fest. Angesichts massiver Proteste musste er auch diese Pläne aufgeben. Am 13. Januar 1990 war das Ende der DDR-Geheimpolizei besiegelt.

Maschinell beschriebener Zettel, am rechten Rand veläuft von oben bis unten ein gelber Strich.

Mitteilung des neuen Stasi-Chefs Wolfgang Schwanitz über die Gründung des AfNS, 18. November 1989

Quelle: BArch, MfS, BdL, Dok., Nr. 8991, Bl. 1

Aus Personalakte stammendes Portrait eines Mannes im Anzug.

AfNS-Leiter Wolfgang Schwanitz, o. D.

Wolfgang Schwanitz gehörte dem MfS seit 1951 an. Nach verschiedenen Stationen wurde er 1974 Leiter der BV Berlin und 1986 Stellvertreter des Ministers fdür Staatssicherheit Erich Mielke. Am 18. November 1989 übernahm er die Leitung des neu geschaffenen AfNS. Knapp zwei Monate später, am 11. Januar 1990, berief ihn die Volkskammer ab.

Quelle: BArch, MfS, HA KuSch, Nr. 1567

Beratungsprotokoll der AfNS-Leitung zur Lage in den regionalen Dienststellen, 7. Dezember 1989

Quelle: BArch, MfS, SdM, Nr. 2356, Bl. 76f.

Maschinell verfasstes Dokument, das die verschiedenen Punkte einer Beratung der Leitung des Amtes für Nationale Sicherheit zusammenfasst.
Maschinell verfasstes Dokument, das die verschiedenen Punkte einer Beratung der Leitung des Amtes für Nationale Sicherheit zusammenfasst.
Mehrere Menschen sitzen nebeneinander an einem langen Tisch, vor, neben und hinter ihnen ist eine Vielzahl an Medienvertretern mit Kameras, Fotoapparaten etc. zu sehen.

Erste Sitzung des Zentralen Runden Tisches im Bonhoeffer-Haus in Ost-Berlin, 7. Dezember 1989

Dem Zentralen Runden Tisch gehörten Vertreterinnen und Vertreter der DDR-Regierung, der Blockparteien, der SED-Massenorganisationen sowie der Kirchen und der Bürgerrechtsbewegung an. Der Runde Tisch beriet über demokratische Reformen in der DDR und beschloss aber auch die Abwicklung des MfS/AfNS.

Bildmitte v.l.n.r.: Gerd Poppe (IFM), Wolfgang Ullmann, Ulrike Poppe (beide Demokratie Jetzt), Ingrid Köppe, Rolf Henrich (beide Neues Forum), Carlo Jordan (Grüne Liga); Quelle: Robert-Havemann-Gesellschaft, Fotograf: Rolf Zöllner

Wie stoppte die Bürgerrechtsbewegung die Aktenvernichtung in der BV Erfurt?

Die Initiative ging maßgeblich von der Gruppe "Frauen für Veränderung" aus: Am Morgen des 4. Dezember 1989 wurde die Stasi-BV in Erfurt besetzt. Die Besetzerinnen und Besetzer wollten verhindern, dass die Stasi weiterhin Beweise vernichtete. Sie sicherten die Unterlagen, Panzerschränke wurden versiegelt, Taschen und Autos der Stasi-Mitarbeiter kontrolliert, die Räume durch eine Bürgerwache bewacht.
In Erfurt fand die erste Besetzung einer Stasi-BV statt, in den Tagen danach folgten fast alle anderen BV. Als letztes erfolgte die Besetzung der Stasi-Zentrale in Ost-Berlin am 15. Januar 1990.

Maschinell verfasster Text, der über die Besetzung der Erfutert Stasi-Verwaltung berichtet.

Telegramm des BV-Leiters Schwarz an AfNS-Leiter Schwanitz zur Besetzung der Erfurter Dienststelle durch Oppositionelle, 4. Dezember 1989

Quelle: BArch, MfS, SdM, Nr. 2289, Bl. 228

Ein Mann im Anzug steht vor einer zivil gekleideten Personengruppe.

Der Leiter der BV Erfurt Josef Schwarz spricht mit Besetzerinnen und Besetzern seiner Dienststelle, 4. Dezember 1989.

Quelle: Sascha Fromm/Thüringer Allgemeine

 

Ein Mann in militärischer Uniform versiegelt eine Tür. Hinter ihm stehen Personen, die interessiert zuschauen.

Militärstaatsanwalt Oberstleutnant Horst Weißmanterl versiegelt die Räume in der Stasi-Dienststelle in der Andreasstraße in Erfurt, 4. Dezember 1989.

Das Bürgerkomitee in Erfurt schaute bei der Versiegelung der ehemaligen Stasiräume genau hin. Aber auch die selbst Stasi war zugegen: so IM "Schubert" (Mitte).

Quelle: BArch, Bild 183-1989-1204-024 / Hirndorf, Heinz

Foto einer Straße, die von einem Lastwagen blockiert wird. Rechts ist eine dicke Mauer zu sehen, links ein Hügel, der nach oben ansteigt..

Um die Stasi daran zu hindern, Akten abzutransportieren, blockierten die Demonstrierenden die hintere Zufahrt zur BV Erfurt mit einem Fahrzeug der Erfurter Verkehrsbetriebe, 4. Dezember 1989.

Quelle: Archiv Gesellschaft für Zeitgeschichte, Fotograf: A. Giesler

Raum, in dem sich zwei Öfen befinden, vor denen eine große Menge verbranntes Papier liegt.

Verbrannte Stasi-Akten in der BV Erfurt, 4. Dezember 1989

Quelle: Archiv Gesellschaft für Zeitgeschichte, Fotograf: A. Graubner

Zahlreiche Personen stehen vor einem langen Tisch auf dem eine Vielzahl verschiedener, zum Teil zerissener Dokumente liegt. Hinten an der Wand erkennt man ein Bildnis Lenins.

Die Besetzerinnen und Besetzer begannen umgehend, Unterlagen in der BV Erfurt zu sichern, 4. Dezember 1989.

Quelle: Archiv Gesellschaft für Zeitgeschichte, Foto: Wolfgang Hase

Gestempelter Zettel mit der Aufschrift "Ausweis Bürgerwache/ Erfurt. Der Inhaber ist berechtigt, alle Personen die die Objekte des ehem. MfS /AfNS betreten zu kontrollieren und ihnen Weisungen zu erteilen. Gültig bis: Rückseite".

Ausweis der Bürgerwache Erfurt, Dezember 1989

Quelle: Archiv Gesellschaft für Zeitgeschichte

Was bedeutet GVS?
 

Bei Geheimen Verschlusssachen (GVS) handelte es sich um streng vertrauliche Dokumente mit politischen, wirtschaftlichen, technologischen oder militärischen Informationen. GVS unterlagen der zweithöchsten Geheimhaltungsstufe, waren nur einem eingeschränkten Leitungskreis zugänglich und wurden in Safes oder Panzerschränken aufbewahrt.

Maschinell verfasstes Dokument mit der Überschrift "Reduzierung des Bestandes an dienstlichen Bestimmungen und Weisungen in den Kreisdienststellen/ Objektdienststellen".

Anweisung von Minister Erich Mielke zur Aktenreduzierung in den Kreis- und Objektdienststellen am Tag vor seinem Rücktritt, 6. November 1989 (Auszug)

Quelle: BArch, MfS, BdL-Dok, Nr. 5592, Bl. 1

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Fotodokumentation der Überwachung des Pfarrers Freimark, o.D. Pfarrer Freimark sowie eine männl. Person fotografieren die Absicherungskräfte
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Ein Blatt, auf dem drei Fahrkarten nebeneeinander aufgeklebt sind. Auf der rechten steht in lila Schrift "Rückfahrt".
Ein aus rotem Krepppapier gebasteltes "A", verziert mit getrockneten Blättern.
Handschriftliche Verpflichtungserklärung zur Zusammenarbeit mit der Stasi als IM Gerhard von Rainer Schedlinski, Seite 1
Stasi-Karteikarte in DIN A6, blass gelbfarben.
Auf einem abgeschnittenen Bettlaken selbst gemalte Flagge der Tschechoslowakei.
Das Polaroidfoto zeigt eine tapezierte Wand, vor der ein Telefon steht. Neben dem Telefon ist eine elektronische Apparatur zu sehen. Diese wurde auf dem Polaroidfoto mit einem roten Pfeil markiert.
Ein handschriftlich mit Kugelschreiber beschriebenes Stück Toilettenpapier.
Abbildung eines Aktendeckels, auf einem Aufkleber steht "OPK-Akte", da drunter Registriernummer und andere archivarische Angaben.
Maschinell beschriebener Zettel, auf dem von links unten nach rechts oben ein dicker roter Strich gedruckt ist. Absender ist der Leiter des Amts für Nationale Sicherheit, Bezirksamt Erfurt.
Handschriftliche Planskizze mit den Standort des Toten Briefkastens "Brücke" im Waldgebiet Lührmannwald in Essen und dessen Umgebung im Stadtgebiet.
Karte der Stadt Güstrow, durch die Stasi mit Eintragungen mit Bezug zum bevorstehenden Besuch Bundeskanzler Schmidt in Güstrow versehen. Aufgeklebte Fotos zeigen die geplanten Stationen der Besucherdelegation im Stadtgebiet, farbige Markierungen zeigen markieren Einsatzorte und Bereitstellungsräume der Sicherheitskrafte.
Karteikarte im Format DIN A4 quer mit persönlichen Angaben zu Erich Mielke.
Handschriftliches Dokument: Verpflichtungserklärung Rainer Schedlinskis, als IM "Gerhard" mit der Stasi zusammenzuarbeiten, Magdeburg, 10. Juni 1979
Anscheinend unbemerkt gemachtes Schwarz-Weiß-Foto zweier Männer, die ein Gebäude betreten.
Das Blatt aus dem Fotoalbum trägt die Überschrift: "Liebevolle Fürsorge für unsere Kleinen - schaffen froher Ferienerlebnisse bei Sport und Spiel - das sind auch unsere Aufgaben". Das Blatt zeigt sieben Fotos. In der Mitte ist Erich Mielke mit Mädchen in Turntrikots zu sehen, die er anscheinend auszeichnet. Die anderen zeigen Kinder in einem Kindergarten und Junge Pioniere im Ferienlager, unter anderem bei einem Appell, beim Sackhüpfen und bei militärischen Übungen mit einem Kinderpanzer und Kindersturmgewehren.
Bedrucktes Stoffstück, auf dem ein Fisch abgebildet ist, der aus dem Wasser herausschaut. Der untere, sich im Wasser befindliche Teil des Fisches besthet nur aus Gräten. Darüber steht der Text "Umkehr zum Leben", darunter "1. Pleißegedenkumzug, 5. Juni '88, Weltumwelttag
Zwei uniformierte und bewaffnete Soldaten stehen in einem Hof neben einer Plakette, die an die dort stattgefundene Ermordung Ernst Thälmanns erinnert. Vor und neben ihnen ist eine Vielzahl von Blumengestecken und Blumenkränzen.
Der Zettel ist mit Eintragungen, Stempeln und Unterschriften der zahlreichen Stellen übersäht, die Flüchtende im Notaufnahmelager Berlin-Marienfelde zu besuchen hatten.
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