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Das Objekt

Dienstausweis der Volkspolizei Frankfurt (Oder) des späteren Stasi-Offiziers Willi Hüttner, 28. Juni 1949

1947 entstand in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) mit der Volkspolizei-Dienststelle K 5 der erste Vorläufer der Stasi. Offiziell zur Entnazifizierung geschaffen, bekämpfte sie auch Widerspruch gegen die sowjetische Besatzungsmacht und die SED. Willi Hüttner begann 1947 bei der K 5 in Frankfurt (Oder) eine Karriere als Geheimpolizist, die er in der 1950  gegründeten Stasi fortsetzte. Ohne fachliche Ausbildung, aber diensteifrig und politisch zuverlässig, stieg der gelernte Zimmermann bis zum Stasi-Oberst auf.

Quelle: BArch, MfS, KS, Nr. 20974/90, Bl. 248 a

Wie etablierte sich das SED-Regime?

Nach der Kapitulation Deutschlands Anfang Mai 1945 übernahmen deutsche Kommunisten mit sowjetischer Hilfe zentrale Positionen in Politik, Verwaltung und Polizei der SBZ. In den folgenden Jahren etablierten sie sich und ihre Partei, die SED, als führende Kräfte. 1949 gründeten sie schließlich den SED-Staat DDR. Die Zustimmung einer Bevölkerungsmehrheit hatten sie nie. Widerstand bekämpften SED und Sowjets mit Repression – oft unter dem Deckmantel der Entnazifizierung.

Foto des zerstörten Reichstagsgebäudes in Berlin inmitten einer Trümmerlandschaft

Blick auf den Reichstag in Berlin nach der deutschen Kapitulation im Mai 1945

Im sowjetischen Exil hatten sich die Kommunisten jahrelang auf das Ende des Krieges vorbereitet. Unter Führung von Walter Ulbricht kehrten sie Anfang Mai nach Deutschland zurück und begannen zielstrebig, ihre Vorherrschaft aufzubauen. Am 2. Mai 1945 gab Ulbricht das Motto dazu aus: "Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben!"

Quelle: BArch, Bild 183-J0422-600-007 / o. Ang.

Das Schwarz-Weiß-Foto zeigt im Vordergrund zwei Männer im Anzug, die gegenseitig die Hände umklammern. Im Hintergrund sind mehrere Männer im Anzug, die applaudieren.

Zwangsvereinigung von KPD und SPD zur SED: Symbolischer Handschlag der Parteivorsitzenden Wilhelm Pieck, KPD (l.) und Otto Grotewohl, SPD, Admiralspalast Ost-Berlin, 22. April 1946

Die SPD hatte mehr Mitglieder und genoss einen größeren Zuspruch in der Bevölkerung als die KPD. Die Zwangsvereinigung diente zur Festigung der kommunistischen Vorherrschaft in der SBZ. Kommunistische Kader übernahmen die entscheidenden Posten, unliebsame Sozialdemokraten wurden aus der Partei gedrängt, politisch verfolgt oder flüchteten in den Westen.

Quelle: BArch, B 145 Bild-D00014855 / Puck-Archiv

Das Schwarz-Weiß-Foto zeigt im Vordergrund einen Stacheldrahtzaun, dahinter ein Schild auf dem steht: "Verbotene Zone. Eintritt verboten. Es wird geschossen!". Dahinter ist ein Wachturm, auf dem eine Person zu erkennen ist.

Sowjetisches Speziallager Nr. 7 Sachsenhausen in Oranienburg bei Berlin, Mai/Juni 1949

Die Entnazifizierung begann in der SBZ unmittelbar nach Kriegsende und diente den Sowjets von Beginn an auch zur Bekämpfung "antisowjetischer" Kräfte. Vermeintliche und tatsächliche NS-Täter internierten die Sowjets in ehemaligen KZ wie Sachsenhausen. Viele kamen vor Sowjetische Militärtribunale (SMT): In Geheimprozessen ohne Verteidiger lauteten die Urteile meist auf Lagerhaft, es gab aber auch bis zu 3 500 Hinrichtungen. "Beweise" für die SMT lieferten die K 5, die der Besatzungsmacht als "Hilfsorgane" dienten.

Quelle: Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten/Gedenkstätte Sachsenhausen, Inv.-Nr. F00729/Richard Perlia

Das Foto zeigt eine Demonstration, in der Bildmitte sind mehrere Männer zu sehen, die ein Transparent an Stöcken hochhalten, auf dem das Logo der "FDJ" zwei Mal abgebildet ist und der Text steht: "Es lebe die Deutsche Demokratische Republik". Dahinter stehen zahlreiche Menschen mit Fahnen.

Fackelzug der FDJ anlässlich der Gründung der DDR, Ost-Berlin, 11. Oktober 1949

Am 7. Oktober 1949 wurde die DDR gegründet. Formal hatte der "Demokratische Block der Parteien und Massenorganisationen" die Verfassung erarbeitet. Sie war jedoch auf die SED ausgerichtet, die auch die wichtigsten Ämter besetzte: Staatspräsident wurde Wilhelm Pieck, Ministerpräsident Otto Grotewohl. Eigentlicher Machthaber war SED-Chef Walter Ulbricht.

Quelle: BArch, Bild 183-S88796 / Zühlsdorf, Erich

Auf dem Foto ist eine Reihe von Männern zu sehen, die nebeneinander an einem Tisch sitzt. Zwei der Männer tragen Talare. Vor ihnen steht ein Mann, der sie anschaut, Im Bildvordergrund sitzt eine Vielzahl an Menschen, die in Richtung der Männer schaut. Rechts am Bildrand steht ein Mann, vor ihm steht ein Mikrofon, hinter ihm sitzen zwei uniformierte Männer.

Verhandlung während der "Kriegsverbrecherprozesse" im sächsischen Waldheim, Frühjahr 1950

Nach der DDR-Gründung wurden die sowjetischen Speziallager aufgelöst. 3 392 noch nicht von SMT abgeurteilte Internierte kamen in Waldheim vor Gericht. Die von der SED gesteuerten Schauprozesse und Schnellverfahren widersprachen rechtsstaatlichen Normen: Es gab keine unabhängige Justiz. Die SED erklärte die Entnazifizierung mit den "Waldheimer Prozessen" für abgeschlossen.

Quelle: BArch, Bild 183-S98084 / Heilig

Wie entstand die Stasi?

Bereits die K 5 hatten geheimpolizeiliche Befugnisse: So bauten sie Spitzelnetzwerke auf und durften Anklageschriften verfassen. Im Mai 1949 entstand mit sowjetischer Zustimmung und außerhalb der Volkspolizei die "Hauptverwaltung zum Schutze der Volkswirtschaft". Sie war die direkte Vorläuferin des am 8. Februar 1950 gegründeten Ministeriums für Staatssicherheit, der Stasi.

Die Abbildung zeigt ein Schwarz-Weiß-Foto auf denen mittig zwei Männer im Anzug zu sehen sind. Der Mann rechts trägt mehrere Orden an der Brust sowie zwei Anstecker am Revers. Am linken Bildrand sind weitere Menschen zu sehen, vorne ist ein aufgeschlagenes Buch zu sehen, in dem das Wort "Urkunde" zu lesen ist.

"Kampfgefährten": Stasi-Minister Erich Mielke (l.) überreicht dem ehemaligen Chef der K 5 Erich Jamin eine Auszeichnung zum 25. Jahrestag der Stasi-Gründung, Ost-Berlin, Februar 1975

Mielke und Jamin hatten bereits in den 20er und 30er Jahren an den Kämpfen zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten teilgenommen. Nach dem Krieg stellten sie sich in den Dienst der SED-Herrschaftssicherung und waren am Aufbau geheimpolizeilicher Strukturen beteiligt.

Quelle: BArch, MfS, ZAIG, Fo, Nr. 2476, Bild 18

Schwarz-Weiß-Foto mehrerer anzugtragender Personen, die applaudieren. In der Bildmitte ist, in Uniform, Josef Stalin zu sehen.

Der künftige DDR-Regierungschef Walter Ulbricht (2. v. l.) bei den Feierlichkeiten zum 70. Geburtstag des sowjetischen Diktators Josef Stalin (Mitte) in Moskau am 28. Dezember 1948

Im Dezember 1948 erhielt eine Delegation um Ulbricht in Moskau Stalins Genehmigung, eine formal eigene, aber weiterhin sowjetisch angeleitete Geheimpolizei aufzubauen. Die Hauptverwaltung zum Schutze der Volkswirtschaft stand unter dem Kommando von Erich Mielke und unter scharfer Kontrolle der Sowjets. Nur etwa 10 % der K 5-Mitarbeiter wurden übernommen − nach einer strengen politischen Überprüfung durch die Sowjets.

Quelle: BArch, Bild Y 10-WU-18-02-19 / o. Ang.

Die Abbildung zeigt ein Textdokument. Oben steht groß "Gesetzblatt der Demokratischen Republik" geschrieben.

Gesetz über die Bildung eines Ministeriums für Staatssicherheit, 8. Februar 1950

Fünf Monate nach der DDR-Gründung wurde die Hauptverwaltung zum Schutze der Volkswirtschaft in Staatssicherheit umbenannt und zu einem eigenständigen Ministerium. Das Gesetz ließ weder die weitreichenden Befugnisse der Stasi erkennen noch ihren eigentlichen Auftrag: Als "Schild und Schwert der Partei" sollte sie die Herrschaft der SED sichern.

Quelle: Gesetzblatt I, Nr. 15, S. 95, Deutscher Zentralverlag, Berlin 1950

Schwarz-Weiß-Foto zweier Männer in Uniform die nebeneinander stehen.

Wilhelm Zaisser (l.), 1950 bis 1953 Minister für Staatssicherheit, mit seinem Staatssekretär und Stellvertreter Erich Mielke, o. D.

Zaisser war ein Vertrauensmann der Sowjets: Ab 1921 hatte er für die KPD gearbeitet und stand zugleich in sowjetischen Diensten, unter anderem als Geheimagent in Marokko, Syrien und China. In der SBZ war er nacheinander Präsident der VP, Innenminister in Sachsen-Anhalt sowie Vizepräsident der DVdI (Deutsche Verwaltung des Innern, SBZ), der Vorgängerbehörde des MdI (Ministerium des Innern, DDR). Mielke war als sein Stellvertreter an Aufbau und Führung der Stasi beteiligt, bis er 1957 selbst Minister wurde.

Quelle: BArch, MfS, HA IX/11, SV, Nr. 1/87, Bd. 5, Bl. 327

Wer war Willi Hüttner?

Willi Hüttner, 1915 in Erfurt geboren, hatte seine Lehre 1932 ohne Gesellenbrief beendet. 1937 war er zur Wehrmacht eingezogen worden und 1945 in Brandenburg in sowjetische Kriegsgefangenschaft geraten. Im Gefangenenlager trat er 1946 in die KPD ein. 1947 entlassen, bewarb er sich bei der Volkspolizei. Er erhielt einen Posten bei der K 5, wurde 1949 in die "Hauptverwaltung zum Schutze der Volkswirtschaft" übernommen und war ab 1950 Stasi-Offizier.

Die Abbildung zeigt ein Textdokument aus einer Akte des Ministeriums für Staatssicherheit

Beurteilung Willi Hüttners durch den Leiter der Stasi-Länderverwaltung Brandenburg Herrmann Gartmann, 12. Juli 1951

Das Urteil über Hüttners fachliche Kompetenz fiel befriedigend aus, Gartmann lobte vor allem seinen Arbeitseifer und seine ideologische Überzeugung. Bedingungslose Loyalität zu SED und Sowjetunion war die zentrale Anforderung an Stasi-Offiziere der ersten Generation. Fachliche Qualifikationen waren nachrangig. 1951 war er Leiter der für die Überwachung der Wirtschaft zuständigen Abt. III der Länderverwaltung Brandenburg. Noch im gleichen Jahr wurde er stellvertretender Leiter der Abt. III in der Stasi-Zentrale in Ost-Berlin.

Quelle: BArch, MfS, KS, Nr. 20974/90, Bl. 52

Schwarz-Weiß-Foto eines anzugtragenden Mannes. Vor seiner Brust ist ein Schild mit der Nummer "7560 70"

Willi Hüttner, 1970

Schon 1953 war Hüttner Abteilungsleiter mit dem Dienstgrad Oberst. Er hatte allerdings Probleme mit der Disziplin: So wurde er 1959 wegen Trunkenheit am Steuer zum Oberstleutnant degradiert. Ab 1959 Stellvertreter Operativ des Leiters der BV Berlin war er nach dem Bau der Berliner Mauer an der Verschleierung von Todesfällen an der Grenze beteiligt. 1973 ging er vorzeitig in den Ruhestand, kurz zuvor und damit rentenwirksam war er wieder zum Oberst befördert worden.

Quelle: BArch, MfS, KS, Nr. 20974/90, Bl. 250

Um welche Art von Archivgut handelt es sich?

Willi Hüttners Personalakte, die "Kaderakte", gibt Auskunft über seine Biografie und seinen Werdegang. Wenn die Personalabteilung der Stasi, die HA KuSch, Kaderakten nicht mehr benötigte, gab sie sie zur Archivierung an die Abt. XII ab, anschließend wurden die Kaderakten in den Archivbestand 3 (Personalaktenablage) aufgenommen. Die meisten Kaderakten kamen jedoch erst nach dem Ende der Stasi ins Archiv. Der Archivbestand 3 umfasst heute rund 1 820 lfm.

Foto eines Archivmagazins mit Gleitregalen in denen Unterlagen verwahrt werden

Blick in den Magazinraum des Archivbestands 3 im Stasi-Unterlagen-Archiv Berlin, 2023

Der Archivbestand 3 enthält, neben anderen Personalakten, die Akten der hauptamtlichen Mitarbeiter der Stasi. Die meisten Kaderakten waren zum Zeitpunkt der Auflösung des MfS in Bearbeitung und noch nicht archiviert. Sie wurden nach 1991 in den Bestand aufgenommen, so auch die Akte von Willi Hüttner. Diese "90er-Reihe" umfasst rund 1.260 lfm des Bestands.

Quelle: Bundesarchiv / Witzel

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Das Bild zeigt ein Foto zweier Männer, die hinter einer Mauer stehen und mit Ferngläsern in Richtung des Fotografen schauen.
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Schwarz-Weiß-Foto einer Menschenmenge, die einen Panzer umringt, auf dem bewaffnete Soldaten sitzen.
Ein Blatt, auf dem drei Fahrkarten nebeneeinander aufgeklebt sind. Auf der rechten steht in lila Schrift "Rückfahrt".
Ein aus rotem Krepppapier gebasteltes "A", verziert mit getrockneten Blättern.
Handschriftlich verfasstes Textdokument, an einer Stelle ist etwas anonymisiert.
Stasi-Karteikarte in DIN A6, blass gelbfarben.
Abbildung einer auf einem Bettlaken selbst gemalten Fahne der Tschechoslowakei.
Das Polaroidfoto zeigt eine tapezierte Wand vor der ein Telefon steht. Neben dem Telefon ist eine elektronische Apparatur zu sehen. Diese wurde auf dem Polaroidfoto mit einem roten Pfeil markiert.
Ein handschriftlich mit Kugelschreiber beschriebenes Stück Toilettenpapier.
Abbildung eines Aktendeckels, auf einem Aufkleber steht "OPK-Akte", da drunter Registriernummer und andere archivarische Angaben.
Maschinell beschriebener Zettel, auf dem von links unten nach rechts oben ein dicker roter Strich gedruckt ist. Absender ist der Leiter des Amts für Nationale Sicherheit, Bezirksamt Erfurt.
Handschriftliche Planskizze mit den Standort des Toten Briefkastens "Brücke" im Waldgebiet Lührmannwald in Essen und dessen Umgebung im Stadtgebiet.
Karte der Stadt Güstrow, durch die Stasi mit Eintragungen mit Bezug zum bevorstehenden Besuch Bundeskanzler Schmidt in Güstrow versehen. Aufgeklebte Fotos zeigen die geplanten Stationen der Besucherdelegation im Stadtgebiet, farbige Markierungen zeigen markieren Einsatzorte und Bereitstellungsräume der Sicherheitskrafte.
Karteikarte im Format DIN A4 quer mit persönlichen Angaben zu Erich Mielke.
Handschriftliche Verpflichtungserklärung zur Zusammenarbeit mit der Stasi als IM Gerhard von Rainer Schedlinski, Seite 1
Anscheinend unbemerkt gemachtes Schwarz-Weiß-Foto zweier Männer, die ein Gebäude betreten.
Das Blatt aus dem Fotoalbum trägt die Überschrift: "Liebevolle Fürsorge für unsere Kleinen - schaffen froher Ferienerlebnisse bei Sport und Spiel - das sind auch unsere Aufgaben". Das Blatt zeigt sieben Fotos. In der Mitte ist Erich Mielke mit Mädchen in Turntrikots zu sehen, die er anscheinend auszeichnet. Die anderen zeigen Kinder in einem Kindergarten und Junge Pioniere im Ferienlager, unter anderem bei einem Appell, beim Sackhüpfen und bei militärischen Übungen mit einem Kinderpanzer und Kindersturmgewehren.
Bedrucktes Stoffstück, auf dem ein Fisch abgebildet ist, der aus dem Wasser herausschaut. Der untere, sich im Wasser befindliche Teil des Fisches besthet nur aus Gräten. Darüber steht der Text "Umkehr zum Leben", darunter "1. Pleißegedenkumzug, 5. Juni '88, Weltumwelttag
Zwei uniformierte und bewaffnete Soldaten stehen in einem Hof neben einer Plakette, die an die dort stattgefundene Ermordung Ernst Thälmanns erinnert. Vor und neben ihnen ist eine Vielzahl von Blumengestecken und Blumenkränzen.
Der Zettel ist mit Eintragungen, Stempeln und Unterschriften der zahlreichen Stellen übersäht, die Flüchtende im Notaufnahmelager Berlin-Marienfelde zu besuchen hatten.
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